Ein Jahr mit Volkmar
Liebe Tierheimmitarbeiter,
Volkmar wohnt jetzt tatsächlich schon ein ganzes Jahr bei uns.
Nachdem er in den ersten beiden Monaten sehr artig und lieb seine neue Umgebung erkundet hat, fing er langsam an, seine "Position" im neuen Revier "abzusichern". Er erschreckte uns mit waghalsigen Sprüngen und saß einmal wirklich auf unserer offenstehenden Badtür (3 cm breit und 2m hoch) ohne die Balance zu verlieren und Frauchen mußte dann beim Runterkommen helfen :-D Dann wiederum hat er durch plötzliche Trigger innerhalb einer Minute von verschmust zum bissigen Angriff gewechselt.
Für uns war natürlich klar, dass wir ihm dabei helfen werden, seine (vermutlich nicht so schöne) Vergangenheit hinter sich zu lassen.
Da er uns gern von oben herausfordernd ansah, bekam er seine Körbchen einfach auf Schrank und Vitrine gestellt. Als er diese entdeckte, konnte er sein Glück kaum fassen, dort hat er einen Monat lang erholsamen Tiefschlaf gefunden und dann war er plötzlich viel entspannter. Außerdem hat er die Aussicht genutzt, um die neuen Menschen erstmal zu beobachten.
Eines Tages kam er dann auf den Schreibtisch und wollte näher an Frauchen sein. Inzwischen liegt er auf dem Schreibtisch immer im Katzenkörbchen, während Frauchen dort im Homeoffice arbeitet. Das Mousepad findet er auch schön zum draufliegen.
Einer der traurigen Trigger für seine Angriffe war Hunger. Er wußte nicht, wie er sagen soll, dass er Hunger hat. Mittlerweile vertraut er auf zuverlässige und ausreichende Fütterung und greift nicht mehr an. Stattdessen setzt er sich jetzt vor uns, starrt uns freudig an und leckt sich die Lippen. Er ist unglaublich niedlich :-)
Er hat auch immer sofort gebissen (oder es versucht), wenn er Angst davor hatte, gegriffen zu werden. Wir haben einfach versucht diesen Auslöser zu meiden. Eines Tages kam er an, legte sich auf den Schreibtisch, streckte sich und plötzlich, ganz "aus Versehen", berührte er mit seinen Angststellen am Rücken meinen Arm. Ich habe so getan, als ob alles wie immer ist und er hat das genauso getan und aus dem Fenster gesehen. Dort war aber das Rollo unten, raussehen konnte er nicht :-) Als sein Streßpegel zu hoch wurde ist er aufgestanden und gegangen und hat dann im Aussichtskörbchen gelegen und aufgeregt geschnurrt. Das hat er oft wiederholt und sich selbst schon sehr weit von seiner Angst geheilt. Vorgestern durfte ich zum ersten Mal meinen Arm leicht um ihn legen.
Wenn er die Krallen ausgefahren hat, haben wir immer sehr hoch Auauau gesagt und so hat er gelernt, dass ausgefahrene Krallen anderen wehtun. Inzwischen bleiben die Krallen drin :-)
Wir vermuten, dass er zu früh von seiner Mutter getrennt wurde und das deshalb nicht gelernt hat.
Außerdem hatte er große Probleme damit Gewölle zu würgen (vermutlich kannten seine Vorbesitzer dieses Katzenverhalten nicht), das Unterdrücken führte immer mal wieder zu Erbrechen. Von einer Nachbarskatze hat er mittlerweile Gras fressen gelernt, jetzt ist es viel besser. Wir haben das sicherheitshalber noch einmal ausführlich in der Tierklinik checken lassen. Schließlich soll es jedem Familienmitglied gut gehen.
Seine Werte waren alle super. Er hat noch ein nervöses Zucken, was aber weniger wird und vermutlich psychisch ist. Aufgrund auffälliger Verhaltensweisen, haben wir noch einmal das Alter bestimmen lassen. Geschätzt wurde er auf 2-3 Jahre. Das paßt auch zu seinem Teenagerverhalten :-D
Er fängt jetzt erst an, mit uns zu spielen. Spielzeug und den Spaß, damit zu spielen, kannte er einfach nicht. Er wußte wirklich nichts damit anzufangen, das fanden wir traurig - mittlerweile spielt er aber etwas mit uns zusammen.
Er hat riesige Fortschritte gemacht, liebt Nachtspaziergänge und nörgelt am Wochenende, wenn Frauchen nicht zum Arbeiten am Schreibtisch sitzen muss.
Zusätzlich schnurrt und "redet" er gern und oft und scheint uns als neue Familie sehr zu mögen.
Wir sind sehr glücklich mit ihm und können kaum glauben, dass er nun schon ein Jahr bei uns ist.
Liebe Grüße,
Katharina O.
